Persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten zum Tagesordnungspunkt 10 „Eigenmittelsystem der EU“
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Beschluss des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz – ERatG), BT-Drucksache 19/26821
Die Corona-Krise hat einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union besonders schwer getroffen, und deshalb ist es richtig, dass sich Deutschland in dieser außergewöhnlichen Notsituation solidarisch und verantwortungsbewusst zeigt und zusammen mit den anderen EU-Mitgliedstaaten finanzielle Hilfe leistet. Nur so kann die wirtschaftliche Erholung in allen EU-Staaten nach der Krise einsetzen. Die von der Bundeskanzlerin und dem französischen Staatspräsidenten zunächst vorgeschlagene Lösung wurde auf dem Europäischen Rat vom 17. bis 21. Juli 2020 durch das Verhandlungsgeschick der sog. vernünftigen Fünf („Frugal Five“) unter Führung des liberalen niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte deutlich verbessert – das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ (NGEU) bietet nun mehr Darlehen (bis zu 360 Milliarden Euro), weniger Zuschüsse (390 statt 500 Milliarden Euro), eine stärkere Betonung auf Reformen sowie bessere Kontrollmöglichkeiten der Mitgliedstaaten als im ersten Entwurf.
Auch aus diesen Erwägungen folge ich als überzeugter Parlamentarier dem Vorschlag meiner Fraktion und stimme für das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz. Dass mir diese Zustimmung sehr schwerfällt, liegt insbesondere daran, dass der EU mit dem neuen Eigenmittelbeschluss erstmals in historisch beispiellosem Umfang die Möglichkeit zur Schuldenaufnahme eröffnet wird. Dies ist angesichts der in einigen Mitgliedstaaten bereits zweifelhaften Tragfähigkeit der Schulden der falsche Weg. Europa braucht nicht mehr, sondern weniger Schulden. Die bloße Verlagerung der Schulden auf die EU-Ebene, zum Teil ohne Anrechnung auf die Schuldenquote, führt lediglich dazu, dass die Fiskalregeln der EU umgangen werden, macht die Bedienung und Rückzahlung der Anleihen in Zukunft aber nicht leichter. In Anbetracht des Umstands, dass die Fiskalregeln gegenwärtig ausgesetzt sind, hätte es im Zuge der Verhandlungen eines klaren Bekenntnisses zu den gemeinsamen Fiskalregeln und der Stabilitätsunion bedurft. Diese und weitere Bedenken hat meine Fraktion im Entschließungsantrag auf Drucksache 19/27923 deutlich zum Ausdruck gebracht.
Zudem sind leider weder Bundesregierung noch Koalitionsfraktionen auf die Vorschläge der FDP-Fraktion zur Erweiterung der Mitwirkungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten des Aufbauinstruments NGEU eingegangen, wie wir sie im Gesetzentwurf für ein Next-Generation-EUZBBG auf Drucksache 19/26877 vorgeschlagen haben.
Letztlich wird mir die Zustimmung zum Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz durch einen zentralen Aspekt möglich: der Einmaligkeit der Kreditfinanzierung des EU-Haushalts. Der Eigenmittelbeschluss schließt eine Verlängerung oder Erweiterung von NGEU ohne erneute Ratifizierung durch alle 27 EU-Mitgliedstaaten aus. Zudem hat mir die Bundesregierung in Person der Parlamentarischen Staatssekretärin Bettina Hagedorn, zuletzt in der Haushaltsausschusssitzung am gestrige 24. März, wiederholt versichert, es bleibe bei dieser einmaligen Schuldenaufnahme der EU auf diesem Wege. An dieser Zusicherung zu zweifeln habe ich keinen Grund.